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August 29, 2022
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Auf bezahlt oder nicht bezahlt kommt es bei der Reparaturrechnung (immer noch) nicht an

Das Amtsgericht Otterndorf hat jetzt in mehreren Fällen entschieden, dass es auf den Umstand, ob die Reparaturkostenrechnung vom Geschädigten vollständig ausgeglichen worden ist oder nicht ankommt. Dabei nimmt das Amtsgericht Otterndorf Bezug auf die jüngste Rechtsprechung des BGH (siehe auch vorherigen Artikel). In einem Urteil heißt es:

„So führt der Bundesgerichtshof in seiner jüngsten Endscheidung vom 26.04.2022 (VI ZR 147/22) unter lit. d) Folgendes aus: „Aus der vom Berufungsgericht in Bezug genommenen Senatsrechtsprechung zur Erforderlichkeit von Sachverständigenkosten (Senatsurteil vom 19. Juli 2016 – VI ZR 491/15, NJW 2016, 3363 Rn. 18 f.; siehe weiter Senatsurteil vom 17. Dezember 2019 – VI ZR 315/18, NJW 2020, 1001 Rn. 16 mwN) ergibt sich nichts Anderes (vgl. auch LG Saarbrücken, NJW 2022, 87 Rn. 7 ff. mwN auch zur Gegenansicht). Zwar hat der erkennende Senat hier in Bezug auf die ersatzfähige Höhe von Sachverständigenkosten ausgesprochen, dass sich nur der vom Geschädigten beglichenen Rechnung, nicht aber einer unbeglichenen Rechnung allein ein Anhalt zur Bestimmung des zur Herstellung erforderlichen Betrages im Sinne des § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB entnehmen lasse. Hieraus lässt sich aber nicht ableiten, dass im Falle einer (noch) nicht bezahlten Rechnung vom Geschädigten ohne Verschulden veranlasste und tatsächlich durchgeführte Schadensbeseitigungsmaßnahmen bei der Bemessung des erforderlichen Herstellungsaufwandes – den Grundsätzen der subjektbezogenen Schadensbetrachtung zuwider – nur deshalb außer Betracht bleiben müssen, weil sie sich nach fachkundiger Prüfung bei rein objektiver Betrachtung als unangemessen erweisen.““

Und so begründet das Gericht wie folgt:

„Die Erforderlichkeit kann vielmehr aus weiteren Indizien abgeleitet werden, die durch den Tatrichter gemäß § 287 Abs. 1 ZPO frei zu würdigen sind. Ein solches Indiz der Erforderlichkeit liegt hier vor, denn die Klägerin hat den Reparaturauftrag auf der Grundlage eines zuvor von ihr eingeholten privaten Sachverständigengutachtens erteilt, in dem der Reparaturaufwand […] beziffert wurde. Ein solches Gutachten stellt eine sachgerechte Grundlage für die Höhe der zu erwartenden Reparaturkosten dar, wenn es, wie hier, hinreichend ausführlich ist und das Bemühen erkennen lässt, dem konkreten Schadensfall aus der Perspektive eines wirtschaftlich denkenden Betrachters gerecht zu werden (BGH NJW 1989, 3009). Holt der Geschädigte daher ein Schadensgutachten ein und erteilt auf der Grundlage dieses Gutachtens einen entsprechenden Reparaturauftrag, so schlagen sich bereits in der Erteilung dieses Auftrags die eingeschränkten Erkenntnismöglichkeiten des Geschädigten nieder. Vor diesem Hintergrund stellen das Schadensgutachten, der auf dessen Grundlage erteilte Reparaturauftrag und die Rechnungsstellung hinreichende Indizien für den erforderlichen Herstellungsaufwand dar. Die im Rahmen des Werkstattrisikos mit den eingeschränkten Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten des Geschädigten begründete Risikoverlagerung auf den Schädiger erfolgt vor diesem Hintergrund bereits zu dem Zeitpunkt, in dem der Geschädigte sich auf der Grundlage eines Schadensgutachtens berechtigterweise für die Instandsetzung entscheidet und den Reparaturauftrag erteilt. Dann aber kann die Zuweisung des Werkstattrisikos an den Schädiger gerade nicht davon abhängen, ob der Geschädigte den in Rechnung gestellten Betrag bereits bezahlt hat oder nicht (vgl. auch LG Saarbrücken NJW 2022, 87, 88).“

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