BGH zur Indizwirkung der nicht bezahlten Werkstattrechnung

Wenn der Geschädigte eines Verkehrsunfalls sein Fahrzeug in einer Werkstatt fachgerecht instand setzen lässt, die gegnerische Versicherung einzelne Positionen der Reparaturrechnung kürzt und außergerichtlich nicht mehr bereit ist, weitere Zahlung zu leisten, stellt sich im Rahmen der Klage immer häufiger die Frage, ob die Reparaturrechnung vom Geschädigten vorab vollständig ausgeglichen sein muss, um hier zu einer Indizwirkung für die Erforderlichkeit der in Rechnung gestellten Reparatur zu kommen.

Auch im hiesigen Gerichtsbezirk sind mehrere Verfahren bei Amtsgerichten und dem Landgericht Stade anhängig, deren Entscheidung u.a. genau von dieser Frage abhängen.

Hierzu hat der BGH nunmehr Stellung bezogen:

„Aus der vom Berufungsgericht in Bezug genommenen Senatsrechtsprechung zur Erforderlichkeit von Sachverständigenkosten ergibt sich nichts anderes. Zuvor hat der erkennende Senat hier in Bezug auf die ersatzfähige Höhe von Sachverständigenkosten ausgesprochen, dass sich nur der vom Geschädigten beglichenen Rechnung, nicht aber einer unbeglichenen Rechnung allein ein Anhalt zur Bestimmung des zur Herstellung erforderlichen Betrags im Sinne des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB entnehmen lasse. Hieraus lässt sich aber nicht ableiten, dass im Falle einer (noch) nicht bezahlten Rechnung vom Geschädigten ohne Verschulden veranlasste und tatsächlich durchgeführte Schadenbeseitigungsmaßnahmen bei der Bemessung des erforderlichen Herstellungsaufwands ‒ den Grundsätzen der subjektbezogenen Schadenbetrachtung zuwider ‒ nur deshalb außer Betracht bleiben müssen, weil sie sich nach fachkundiger Prüfung bei rein objektiver Betrachtung als unangemessen erweisen.“ (BGH 26.4.22, VI ZR 147/21).“

Damit gilt Folgendes: Liegen über „bezahlt“ hinaus weitere Anhaltspunkte zugunsten des Geschädigten vor, dass die berechneten Reparaturkosten erforderlich waren, ist er geschützt. Ein Anhaltspunkt hierfür ist die wesentliche Übereinstimmung der Reparaturrechnung mit der Prognose des Schadengutachters (BGH, 05.06.2018, VI ZR 171/16). Dieser dürfte regelmäßig mit der Auftragserteilung „Reparatur gemäß Gutachten“ vorliegen.

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