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12
Mai

BGH: Grundsätzlich keine Obliegenheit zur Inanspruchnahme der Kaskoversicherung bei nicht verschuldetem Unfall

Der Bundesgerichtshof hat mit Entscheidung vom 17.11.2020, Az. VI ZR 569/19, festgestellt, dass ein Geschädigter eines Verkehrsunfall grundsätzlich nicht verpflichtet ist, den eigenen Kaskoversicherer auf Behebung des Unfallschadens in Anspruch zu nehmen, um die Zeit des Nutzungsausfalls und damit die Höhe der diesbezüglichen Ersatzverpflichtung des Schädigers und dessen Haftpflichtversicherers möglichst gering zu halten. Die Versicherer wenden häufig ein, zur Verkürzung der Ausfallzeit müsse der Geschädigte die Reparaturkosten vorfinanzieren. Hierzu ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes der Geschädigte grundsätzlich nicht verpflichtet. Der Geschädigte ist nur dann gehalten, die Reparaturkosten vorzufinanzieren, wenn ihm dies ohne Einschränkungen möglich ist. Das heißt er hat das Geld entweder frei verfügbar oder kann angesichts seines Einkommens und seiner Vermögensverhältnisse unproblematisch einen entsprechenden Kredit aufnehmen, ohne seine eigenen wirtschaftlichen Verhältnisse einzuzwängen.

Ein normaler Arbeitnehmer wird in der Regel daher nicht verpflichtet sein, einen Kredit zur Finanzierung des Unfallschadens aufzunehmen.

Nach der oben genannten neuen Entscheidung des Bundesgerichtshofs ist er auch nicht verpflichtet, zur Entlastung des Schädigers seine eigene Kaskoversicherung in Anspruch zu nehmen. Sinn und Zweck der Kaskoversicherung sei nicht die Entlastung des Schädigers. Der Versicherungsnehmer einer Kaskoversicherung kauft sich nach Auffassung des Bundesgerichtshofs den Versicherungsschutz nur für die Fälle, in dem ihm eine nicht durch andere zu ersetzender Schaden verbleibt. Die Inanspruchnahme des eigenen Kaskoversicherers sei dem Geschädigten regelmäßig auch wegen der damit verbundenen Rückstufung nicht zuzumuten.

In der Regel muss daher der Versicherer den aufgrund der verzögerten Zahlung und der damit verzögerten Reparatur entstehenden Schaden durch höheren Nutzungsausfall oder Mietwagenkosten in vollem Umfang erstatten.

05
Mai

Benutzung des Taschenrechners während der Fahrt kostet Bußgeld

Der Bundesgerichtshof hat in einer Entscheidung vom 16.12.2020, Az. 4 StR 526/19, entschieden, dass auch ein Taschenrechner ein elektronisches Gerät im Sinne der Vorschrift des § 23 Abs. 1a StVO ist. Daher darf ein Taschenrechner am Steuer nicht benutzt werden. Anderenfalls führt dies zu einem Bußgeld und einem Punkt im Fahreignungsregister.

War bis zur Änderung der Straßenverkehrsordnung im Jahr 2017 nur das Benutzen von Mobil- und Autotelefonen am Steuer ausdrücklich verboten, gilt dies jetzt für alle elektronischen Geräte, die der Kommunikation, Information oder Organisation, dienen. Erfasst sind außerdem Geräte der Unterhaltungselektronik und Navigationsgeräte. Sie dürfen vom Fahrzeugführer nur noch benutzt werden, wenn sie hierfür weder aufgenommen noch in der Hand gehalten werden.

03
Dez

Auf Sonderparkplatz für Elektrofahrzeuge verbotswidrig abgestelltes Fahrzeug darf abgeschleppt werden

Wird ein nicht elektrisch betriebenes Fahrzeug auf einem für Elektrofahrzeuge gekennzeichneten Sonderparkplatz abgestellt, rechtfertigt die damit einhergehende Funktionsbeeinträchtigung dieser Verkehrsfläche eine Abschleppmaßnahme regelmäßig auch ohne konkrete Behinderung eines im Sinne von § 2 EmoG bevorrechtigtes Fahrzeug (VG Gelsenkirchen, Urteil vom 23.01.2020, Az. 17 G 4015/18).

29
Nov

Sekundenschlaf

Sekundenschlaf ist in der Versicherung nicht ohne Weiteres als ein Fall grober Fahrlässigkeit einzuordnen. Für die Annahme eines grob fahrlässigen Verhaltens bedarf es der Feststellung eines in subjektiver Hinsicht nicht entschuldbaren Verstoßes gegen die Anforderungen der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt. Daher ist nur dann der Vorwurf eines leichtfertigen Handelns gegeben, wenn sich der Fahrer bewusst über von ihm erkannte Anzeichen einer Übermüdung hinweggesetzt hat (BGH, Az. 1 ZR 166/04). Ein Sekundenschlaf kann „einfach fahrlässig“ nicht vorhergesehen sein, weil objektiv vorhandene Ermüdungserscheinungen häufig subjektiv nicht wahrgenommen werden (OLG Saarbrücken, Urteil vom 15.09.2009, Az. 4 U 375/08; OLG Celle, Urteil vom 01.07.2020, Az. 14 U 8/20). Entscheidend sind demnach für die Frage der groben Fahrlässigkeit mehrere Punkte wie zum Beispiel Dauer der Fahrt und Fahrtstrecke, Uhrzeit des Unfalls, letzter Schlaf oder vorherige Fahrweise.

26
Nov

Restwertangebote aus dem Ausland

Der Geschädigte muss Restwertangebote, die aus dem Ausland stammen, nicht zwingend annehmen. Oft ist es ihm unzumutbar, hierauf einzugehen. Dies insbesondere dann, wenn dieses Restwertangebot das regional erzielbare Restwertangebot um ein Vielfaches übersteigt, wenn die Realisierung des Wertes nicht nachvollziehbar ist und illegale Verhaltensweisen nicht auszuschließen sind. Dann ist es dem Geschädigten nicht zumutbar, mit solchen Personen geschäftliche Verbindungen einzugehen (AG Lübeck, Urteil vom 11.08.2020, Az. 22 C 1464/20).

23
Nov

Restwertangebot des Versicherers

In den Gutachten zur Feststellung der notwendigen Reparaturkosten nach einem Unfall sind die Gutachter bei einem sogenannten wirtschaftlichen Totalschaden gehalten, drei Restwertangebote für das verunfallte Fahrzeug in das Gutachten mit aufzunehmen. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (BGH), Urteil vom 25.06.2019, Az. VI ZR 358/18, kann der Geschädigte sein Fahrzeug zu dem dort genannten höchsten Gebot verkaufen, ohne dass bei der Regulierung ein höheres Restwertangebot des Versicherers zugrunde gelegt wird und bei der Schadensabrechnung in Abzug gebracht wird. Etwas anderes gilt nach der Rechtsprechung nur dann, wenn vor dem Verkauf ein annehmbares Restwertangebot des Versicherers vorliegt. Das Landgericht Saarbrücken, Urteil vom 29.10.2020, Az. 6 O 187/20, hat nunmehr nochmals festgestellt, dass der Geschädigte nicht verpflichtet ist, auf ein Restwertangebot des Versicherers zu warten, bevor er das Fahrzeug verkauft. Das gilt auch dann, wenn der Versicherer ihn gebeten hat, auf ein Restwertangebot des Versicherers zu warten.

20
Nov

Reinigungskosten vor Lackierung erstattungsfähig

Das Amtsgericht Coburg hat in einer Entscheidung vom 30.03.2020, Az. 15 C 145/20, entschieden, dass auch die Kosten der Reinigung des Fahrzeugs vor der Lackierung als erforderlich zu erachten sind. Dort heißt es: „Dass ein Fahrzeug auch vor der Lackierung gereinigt werden muss, liegt auf der Hand, zumal durch entsprechende Karosseriearbeiten Schleifstaub anhaftet und nicht über jeden Dreck bedenkenlos drüberlackiert werden kann.“ Ferner heißt es dort: „Dass ein Reparaturbetrieb oder Lackierer das Fahrzeug ungereinigt zum Lackierer bringt oder gar eine Fahrzeugreinigung unentgeltlich erbringen soll, wie dies die Beklagte offenbar ernsthaft fordert, ist nicht nachvollziehbar. Ein solcher Anspruch für eine kostenfreie Tätigkeit ergibt sich nicht aus irgendwelchen Gesetzesvorschriften.“

16
Nov

Messungenauigkeit bei Messverfahren LEIVTEC?

Bei Vergleichstests für die Geschwindigkeitsmessanlage LEIVTEC XV3 ist es bei den getesteten Geräten zu deutlichen Messwertabweichungen außerhalb der Toleranz gekommen. Diese Messungen wurden im August/Oktober 2020 von hiermit befassten Sachverständigenbüros durchgeführt. Dabei ist es zu Geschwindigkeitsabweichungen von bis zu 14 km/h gekommen. Eine Stellungnahme der PTB (Physikalisch-Technische Bundesanstalt) zu diesen Versuchen steht, soweit bekannt, derzeit noch aus.

12
Nov

Inanspruchnahme Kaskoversicherung bei Verzögerung der Regulierung durch den Kfz-Haftpflichtversicherer

Hierzu haben unter anderem das OLG Brandenburg, Urteil vom 27.02.2020, Az. 12 U 86/18; das OLG Celle, Urteil vom 15.05.2018, Az. 14 U 179/17 und OLG Naumburg im Urteil vom 19.02.2004, Az. 4 U 176/03, Stellung genommen.

Danach kann vom Geschädigten grundsätzlich nicht verlangt werden, seinen Vollkaskoversicherer in Anspruch zu nehmen, um den Schädiger zu entlasten. Das gilt insbesondere dann, wenn eine eindeutige Haftungsverteilung vorliegt. Er muss auch nicht den Schaden vorfinanzieren, wenn er hierzu nicht in der Lage ist oder sich den Kredit hierfür nur durch erhebliche Einschränkungen sichern kann. Voraussetzung ist aber, dass der Versicherer auf diese fehlende Möglichkeit der Vorfinanzierung hingewiesen wurde.

08
Nov

Desinfektionskosten in der Reparaturrechnung

In der derzeitigen Corona-Krise stellen die Reparaturfirmen regelmäßig die Kosten einer Desinfektion des Fahrzeugs vor Übergabe des Fahrzeugs nach erfolgter Reparatur an den Kunden in Rechnung. Die Versicherer vertreten hier zu einem Teil die Auffassung, diese Kosten seien nicht zu erstatten. Dieser Auffassung wird vermehrt seitens der Gerichte eine Absage erteilt. Das Amtsgericht Stade hat in einer Entscheidung vom 27.11.2020, Az. 61 C 646/20, in einem Verfahren gegen die Allianz Versicherungs-AG entschieden, dass die im Zusammenhang mit Schutzmaßnahmen gegen Covid-19-Pandemie vom Autohaus in Rechnung gestellten Desinfektionskosten zu erstatten sind. Dabei kommt es nach Auffassung des Amtsgerichts nicht darauf an, ob es sich bei Covid-19-Schutzmaßnahmen um betrieblichen Arbeitsschutz oder Gemeinkosten eines Betriebes handele. Vielmehr unterfallen diese Kosten dem sogenannten Werkstattrisiko des Geschädigten, da der Geschädigte auf die Arbeiten des Reparaturunternehmens regelmäßig keinen Einfluss hat. Noch deutlicher wird das Amtsgericht München in der Entscheidung vom 05.11.2020, Az. 333 C 17092/20. Dort heißt es: „Es muss gerade in der aktuellen Pandemiesituation alles erdenklich Mögliche und Zumutbare unternommen werden, um die Verbreitung des Virus einzudämmen und Schaden an Gesundheit und Leben zu verhindern. Dass die Anwendung von Desinfektionsmitteln hierunter fällt, ist allgemeinbekannt und wird diesseits sicher nicht mit „Sachverständigengutachten“ überprüft werden. Das Gericht geht davon aus, dass sich – ebenso wie allein hier im Haus – in den Rechtsanwaltskanzleien etc. und auch in den Räumen der Versicherer nicht nur Desinfektionsmittelspender befinden, sondern auch regelmäßig umfangreiche Desinfektionsmaßnahmen durchgeführt werden. Vor diesem Hintergrund ist der Vortrag der Beklagten schlechterdings unverständlich und unhaltbar.“ Mit diesen Worten hat das Amtsgericht München die Verpflichtung der Haftpflichtversicherung zur Erstattung der in Rechnung gestellten Desinfektionskosten begründet.

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